Heute habe ich mich mit ein paar Zauberfreunden unterhalten, u.a. kamen wir auf das Thema Zuschauerhandling. Welche Rolle spielt der Zuschauer in einer Zaubershow und wie gehen wir mit ihm um? Ein paar Gedanken zur Zauberkunst, was macht Zauberkunst aus und wie ist ihre Wirkung auf Zuschauer? Oft habe ich den Satz gehört, der Zuschauer hat mir den Trick vermasselt; oder aber die Zuschauer haben den Effekt gar nicht verstanden!
Zaubershow und die Tücken der Zaubertricks
Ist der Zuschauer wirklich schuld, wenn ein Zaubertrick nicht funktioniert? Hat der Zuschauer die Anweisungen des Zauberkünstlers nicht richtig befolgt und ging der Effekt deswegen schief? Die Antwort ist klar: Nein, den Zuschauer trifft keine Schuld!
Der Zuschauer hat dafür bezahlt, als Gast eine Show zu sehen und somit hat er keinerlei Verantwortung über das Gelingen oder Misslingen eines Kunststückes zu tragen. Wenn man hier schon von Schuld spricht, der einzige, der die Verantwortung übernehmen muss, ist der Zauberkünstler selbst. Sei es wegen falschen Anweisungen an den Zuschauer, im Detail nicht richtig formulierten Aufgaben oder aber, der Zauberkünstler hat die Kontrolle über die Situation und damit über das Kunststück verloren und auf Grund dessen funktionierte der Trick nicht. Von dem Aspekt, dass ein Kunststück nicht ausreichend geübt und die verschiedensten Möglichkeiten der Out´s trainiert und bedacht worden mal ganz abgesehen.
Ich erinnere mich an die Worte von Christoph Borer (Anam Cara), der einmal in einem Seminar ganz klar sagte „Ein Zuschauer hat auf der Bühne nichts zu suchen“! Sicherlich mag nun der ein oder andere sagen, dies gilt für eine Theater- oder Varietévorstellung, doch nicht für eine Stand-up Atmosphäre. Ich denke, wenn ich die Hilfe eines Zuschauers in Anspruch nehme, dann sollte ich es ihm so leicht wie möglich machen, d.h. ganz klare und leicht verständliche Anweisungen geben.
Der Zauberer und sein Zuschauer
Bei der Wahl des Zuschauers kann ich als Zauberkünstler auch schon einiges falsch machen. Hier geht es nicht darum Statusfragen zu klären und deshalb den Zuschauer „vorzuführen“. Oder mich in Wortgefechte zu verstricken um den Zuschauer auf die Bühne zu bringen. Ich denke da an die Ideen und Ansatzpunkte von Darwin Ortiz in seinem Buch „Strong Magic“. Oder aber an verschiedene Theorien zum Status in der Zauberkunst, die Helge Thun mal in einem Seminar oder Workshop erzählt hat.
Die Aufgabe des Zauberkünstlers
Manchmal habe ich den Eindruck, die einzige Aufgabe des Zauberkünstlers, wenn er einen Zuschauer nach vorne bittet, besteht darin, ihn bloßzustellen oder der Lächerlichkeit preiszugeben.
- Der Zauberkünstler bittet den Zuschauer sich auf einen Stuhl zu setzen und auf ein Signal des Zauberers bekommt der Zuschauer einen kleinen Stromstoß, so dass er aufspringt. Vielleicht hat dies der ein oder andere schon miterlebt. Natürlich dient es der Belustigung der anderen Zuschauer und natürlich lachen diese, doch eben auf Kosten des einen Zuschauers auf der Bühne und keiner möchte mehr mit ihm tauschen.
- Der bekannte und ach so beliebte „BH Trick“, ich glaube man nennt ihn so, eine Zuschauerin wird zur Hilfe gebeten, zwei Tücher werden jeweils an den Enden miteinander verknotet und die Zuschauerin wird gebeten das Ende mit den Knoten in ihr Dekolleté zu stecken. Einen Moment später wird an den Tüchern gezogen und nun hängt ein BH zwischen den Tüchern, oder der andere Fall ein kleines Damenhöschen.
Sicherlich mag die ein oder andere Variation von solchen Kunststücken auf kleinen Privatfeiern oder als Partyspielchen ok sein, doch sonst sind sie meiner Meinung nach fehl am Platze.
Kinder und eine Zaubershow
Warum ist es oft so, dass Erwachsene abwinken, wenn es um eine Zaubershow geht, doch Kinder vor Begeisterung strahlen. Wenn ein Zauberer im Kindergarten oder in der Schule nach einem Assistenten fragt, gehen bald alle Hände nach oben um mitmachen zu können. Jahre später, wenn wieder ein Zauberer in seiner Show nach einem Assistenten fragt, senken genau diese nun erwachsenen Kinder die Köpfe, schauen weg und haben keine Lust, gar Angst nach vorne zu gehen.
Was ist passiert, wo kommt diese Distanzierung her? Oder haben wir Erwachsenen einfach nur das Interesse an der Zauberkunst verloren? Ich glaube eine Teilschuld trägt auf jeden Fall genau dieses oben beschriebene Zuschauerhandling.
Vor einigen Tagen hatte ich ein paar Gedanken zu Zauberkunst im Wandel der Zeit aufgeschrieben und hier geht es zu Teil 2 von Zauberkunst im Wandel – Zauberkunst heute. Dies sind ja verwandte Themen und greifen fast ineinander über, denn das Zuschauerhandling, wie auch das Einbeziehen der Zuschauer hat sich stark verändert.
Hallo Victor,
danke für diesen Artikel!!!!
Ich kann das nur bestätigen. Nein der Zuschauer ist nicht Schuld, wenn etwas schief geht, ein Kunststück nicht funktioniert, der Zuschauer nicht verstanden hat was er machen soll. Es ist die einzig die Aufgabe des Künstlers. Zuschauerhandling ist ungemein wichtig. Die Psychologie die dahinter steckt, Reaktionen des Publikums, des Zuschauers der mit hilft. Ein Zuschauer soll eine Zaubershow genießen können. Er soll ohne Angst in eine Zaubershow gehen können. Er soll die Liebe zu dieser wunderbaren Kunst fühlen, spüren können, er soll sich verzaubern können und in eben diese wunderschöne Welt eintauchen. Es gibt so viele „Kunststücke“ die darauf ausgelegt sind Zuschauer zu demütigen für einen Lacher aus dem Publikum. Das hat definitiv nichts mit Zauberkunst zu tun.
Bitte keine billigen Gags auf Kosten eines Zuschauers, jeder wirklich jeder der in eine Zaubershow hineingeht soll mit einem wunderschönen Gefühl, ich habe gerade wirklich einen magischen Moment erlebt, nach Hause gehen. Er soll genießen!!!!.
Das ist aber oft ein Problem von Hobbyzauberern oder von solchen, die das nebenbei machen. Deswegen sollte man bei der Wahl eines richtigen für das Event entsprechenden Zauberkünstlers gut auswählen. Und in diesem Falle ist es oft besser mehr zu bezahlen als sich die Veranstaltung kaputt machen zu lassen.
Danke für diese ehrlichen und wichtigen Worte!
Danke für deinen Kommentar, ich werde an der Stelle wieder ansetzen und noch einen zweiten Teil der Gedanken schreiben, wo es mehr um die unterstützende Hilfe der Zuschauer geht oder darum, sind wir Zauberer auf der Seite des Zuschauers?